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Würdest du dich an die Erlebnismaschine von Robert Nozick anschließen lassen? Ein Essay von Neroz Ismail, Ethik 11


Der Philosoph Robert Nozick entwirft in seinem Text ein Gedankenexperiment. Er beschreibt eine ,,Erlebnismaschine”, die einem jedes gewünschte Erlebnis vermittelt. Dabei wählt man aus einem riesigen Erlebnis-Katalog aus und legt die eigenen Erlebnisse etwa für die nächsten zwei Jahre fest. Ein Wunsch könnte z.B. so aussehen : ,, Ich würde gerne einen Urlaub in Dubai machen und reich sein. Zudem möchte ich noch meine gestorbene Mutter wiedersehen.“ Alle Dinge, die man erlebt, wären vollkommen realistisch und durch nichts von der Realität zu unterscheiden. Es wird eine Art ,,virtuelle Realität” erzeugt. Nach den zwei Jahren wacht man für 10 Minuten oder Stunden auf und sucht sich andere Erlebnisse für den nächsten zwei Jahre aus, so könnte man sein Leben lang an die Maschine angeschlossen sein. Während die angeschlossene Person die virtuelle Realität als ,,echte Wirklickeit” wahrnimmt, schwimmt ihr ganzer Körper in einem Becken und an ihrer Gehirn sind Elektroden angebracht. Auch andere können sich anschließen lassen und sich die gewünschte Erlebnisse verscahffen , es braucht niemand unangeschlossen zu sein, um für andere da zu sein.

Auf den Ersten Blick klingt alles fantastisch oder? Der Philosoph geht davon aus, dass wir die Realität der Erlebnismaschinenwelt vorziehen würden und zwar aus drei Gründen. Erstens, weil wir unserem Handeln in der Realität schon einen  Wert beimessen. Es gibt also einen Unterschied zwischen etwas zu tun, und nur zu erleben, dass man es tut. Das Leben ist  vielmehr als bloß Erlebnisse zu haben. ,,Einmal möchten wir dies oder jenes tun und nicht bloß den Eindruck haben, daß wir es tun.“ (Nozick: Z.22-23). Der zweite Grund ist, dass wir jemand sein wollen, eine Person. Wer an die Maschine angeschlossen ist, ist niemand, weil der angeschlosse keine Eigenschaften mehr hätte. ,,Ist er mutig, freundlich, intelligent, witzig, liebevoll ?” (Nozick: Z.2930).                          
Der dritte Grund ist, dass die Maschine Vorstellungen gaukelt, die von anderen Menschen programmiert werden, wir suchen aber nach eigenen Erfahrungen, wir wollen unser eigenes Leben leben und nicht das eines anderen. ,,Wird man durch den Anschluss an die Erlebnismaschine auf eine von Menschen geschaffene Wirklichkeit beschränkt, die nicht tiefer uns bedeutungsvoller ist als das, was Menschen konstruieren können.“(Nozick: Z.36-37). Nozick schlägt zwei andere Maschinen vor z.B. die ,,Verwandlungsmaschine “, die uns zu jeder gewünschten Persönlichkeit macht und noch eine ,,Ergebnismaschine “, die in der Welt jeden Zustand hervorbringt, den man hervorbringen will. Diese Maschinen bringen ebenfalls nichts, denn es gehe nicht nur darum lustvolle Erlebnisse und eine tolle Persönlichkeit zu haben. Es ist vielmehr von Bedeutung, in Kontakt mit der Wirklichkeit zu treten und das Leben selbst zu leben. ,,Vielleicht wollen wir uns leben, in Berührung mit der Wirklichkeit (Und das kann keine Maschine für uns tun.“ (Nozick: Z.62-63).

Ich würde mich aufkeinenfall anschließen lassen, denn für mich ist der Angeschlossene wie eine tote Leiche, man hat keine Charaktereigenschaften und  ist nicht zur Entwicklung einer Persönlichkeit fähig- insbesondere, wenn man schon als Kind oder Teenager angeschloßen ist, kann man die Persönlichkeit nicht entwickeln, da man keine Erfahrung hat, denn Erfahrungen, besonders die schlechten, tragen zur Entwicklung bei. Ein weiterer Grund ist, dass man nur positive wünschenswerte Erlebnisse erlebt, die zum Glück führen, das heißt  man hat keinen Schmerz oder Leid, das heisst aber auch, dass man nicht weiß, wie man mit  Schmerz und Leid umgeht. Dieser Schmerz wird unerträglich, wenn man auf den Gedanken kommt, sich an die Maschine nicht mehr anschließen lassen zu wollen. Das Leben wird sehr anstrengend sein, weshalb man wieder in diese Scheinwelt flieht und so von der Maschine abhängig wird.
Als Beispiel : Ich habe die Maschine für mehr als die Hälfte meines Lebens benutzt. Ich habe jedoch beschloßen, mich an die Maschine nicht mehr anschließen zu lassen  und ein echtes Leben zu leben. Kurz nach dieser Entscheidung, trat das Unglück in meinem Leben ein. Mein Vater ist gestorben. Ich kann diesen Schmerz nicht ertragen, ich weiß nämlich nicht, wie man die schweren Phasen des Lebens überwinden kann. Ich kann die Welt nicht ertragen, also greife ich auf die Erlebnismaschine zurück, denn mithilfe dieser, kann ich glücklich sein und meinen Vater wiedersehen, somit werde ich von der Maschine abhängig. Diese Abhängigkeit entspricht eine Art ,,Selbstmord. “ wie Nozick im Text auch nennt. (Nozick: Z.31).
Zudem spielt das Unglück im Leben eine sehr wichtige Rolle für das Glück, denn die unglücklichen Momente tragen dazu bei, dass wir die glücklichen schätzen. z.B. Ich benutze die Maschine und bin quasi durchgehend glücklich im Vergleich zu einer anderen Person in der realen Welt, die endlich glücklich ist, nachdem sie eine sehr traurige Phase durchgemacht hat.  Die Person schätzt das Glück vielmehr als ich, denn das Glück bei ihr ist nicht so einfach zu erreichen und ist somit wertvoll, während ich mithilfe der Maschine an das Glück gewöhnt bin. Mit dieser Maschine, verliert  das Glück seinen Wert.
Ein weiterer Grund sich nicht anschließen zu lassen ist, dass die Vernunft der Menschen ihren Wert verliert. Man ist also im Becken und erlebt schöne Erlebnisse, ohne jeglichen Gebrauch der Vernunft. Dabei ist unsere Vernunft das Einzige, was uns von Tieren und andere Lebewesen unterscheidet . Wenn der angeschlossene aber nur im Becken liegt und völlig der Illusion erliegt, bleibt die Person trotzdem ein Mensch ? Ich finde nicht, man ist quasi wie ein Tier , das  die Besonderheit Vernunft zu haben nicht sinnvoll nutzt. Stattdessen sollte man lieber seine Vernunft im echten Leben gebrauchen, um eben  die Wünsche zu erreichen.
Klar kann man mit dieser Maschine glücklich sein, aber das echte Glück ist qualitativ viel höher als das Glück in einer Scheinwelt, auch wenn es sich echt anfühlt. Wer mit Hilfe  einer Maschine reich ist, ist sicherlich nicht so glücklich, wie jemand der nach 10 Jahren harter Arbeit ein wirksames Medikament gegen eine unheilbare Krankheit entwickelt hat und reich geworden ist. Ich möchte nicht ein Nobelpreis grundlos gewinnen, ich will ein Nobelpreis gewinnen, weil ich es verdient habe. Ich will etwas erleben , was nicht in mir drin ist, sondern eine echte Begegnung, etwas, das nicht meiner Kontrolle unterliegt, etwas,  das sich nicht einfach ,,machen” lässt. Eine echte Welt, die nicht vorhersehbar ist. Ich will kein Lotto gewinnen, weil ich es mir aus dem Erlebnis- Katalog ausgesucht habe, ich will Lotto im echten Leben gewinnen, ein Gewinn, der nicht meine Kontrolle unterliegt, ein Gewinn, der überraschend kommt und unvorhersehbar ist . Egal welche Maschine, keine würde für mich  in Frage kommen, denn ich will ein echtes Glück, also ein Glück, das nicht auf ,,Knopfdruck”  entsteht, sondern  das ich mir verdient und erarbeitet habe, das ich manchmal einfach nicht erreichen kann und bei dem ich mich dann mehr freue, wenn ich es habe.                                               

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