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Welche Rolle spielt das Unglück für das Glück? Ein Essay von Philip Rolles, Ethik 11


Glück bedeutet für alle Menschen etwas anderes. Das ist normal und es ist auch gut so. Wir streben alle nach einer gewissen Form von Glück und so bilden sich unsere Interessen. Wenn sich die Interessen zweier Menschen widersprechen kommt es zu einem Konflikt. Dabei suchen alle doch nur ihr persönlichen Glück.  Warum Glück für uns Menschen so wichtig ist und was Glück überhaupt bedeutet ist eine der Hauptfragen der Ethik. Denn um die Leitfrage, „Was soll ich tun“ beantworten zu versuchen, muss man wissen, was man überhaupt will. Lässt sich Glück für alle Menschen pauschalisieren? Gibt es verschiedene Arten von Glück? Warum streben alle Menschen nach Glück? Streben überhaupt alle Menschen nach Glück? etc.

Einen interessanten Ansichtspunkt zu dem Thema Glück bietet ein deutscher Philosoph der heutigen Zeit: Wilhelm Schmid. Neben der Unterscheidung des Glücks in drei Arten (das Zufallsglück, das Wohlfühlsglück und das Glück der Fülle), deutet er auch besonders auf die Bedeutsamkeit des Unglücks hin. Denn alle Menschen reden vom Glück und verschweigen dabei das Unglück, obwohl dies eine genauso große Rolle in unserem Leben spielt. Denn oft haben wir es auch gar nicht in der Hand glücklich zu sein oder nicht. Wäre es dann keine bessere Alternative sich mit dem Unglück abzufinden, es quasi noch zu nutzen, anstatt es dauerhaft zu bekämpfen? Schmid beschreibt auch einen gewissen Wert des Unglücks: „Das Unglücklichsein macht […] kreativ.“ Wer glücklich und zufrieden ist hat schon alles und hört auf zu streben. Es lässt sich natürlich auch darüber streiten, ob es vielleicht besser wäre, wäre der Mensch einfach glücklich geblieben. Möglicherweise würden wir noch in einzelnen Stämmen in der Wildnis leben (vgl. Schmid) und hätten sicherlich nicht den Fortschritt, den wir heute genießen, gemacht. Andererseits wäre möglicherweise sehr viel weniger Schaden erbracht worden und wir würden noch in unserer grundsätzlich natürlichen Umgebung leben. Des weiteren ist „[d]ie Stärke der Unglücklichen […] ihre Sensibilität, ihr Gespür für den Sinn und für dessen Fehler.“ Sie seien sehr viel schneller im Erkennen einer Gefahrensituation, einer Fehlentwicklung, einem Unrecht oder einer Ungerechtigkeit.(vgl. Z.53f.) Dies ist zwar nicht wirklich nachgewiesen aber trotzdem sehr denkbar. Wenn man glücklich ist genießt man dies eher anstelle Dinge zu suchen die einen unglücklich machen, um diese zu beseitigen. Ist man nun jedoch Unglücklich mögen sie einem mehr auffallen. 

Ich würde nun gerne mithilfe des Buddhismus Stellung zu Schimds Meinung nehmen. Der Buddhismus ist eine der heutzutage größten Weltreligionen. Jedoch glauben seine Anhänger, nicht wie die meisten Menschen an einen monotheistische allmächtigen Gott, sondern vielmehr an Herrschaft von Naturgesetzen. Die Hauptfigur der Buddhismus ist kein Gott sondern der Mensch Siddhartha Guatama. Er erkannte, dass die Menschen von einem ausweglosem Hamsterrad von Leid geplagt sind und macht sich deshalb auf die Suche, um diese Unzufriedenheit zu stoppen. Sie sei nicht durch äußere Umständen bedingt, sondern liegt nur an unseren Denk-& Verhaltensmustern.  Denn sind wir glücklich, so wollen wir dieses Glück vermehren oder zumindest beibehalten und werden dadurch unzufrieden. Und sind wir unglücklich, so versuchen wir alles um dieses Unglück zu stoppen oder zu vermindern. Der Schlüssel, so sagt Guatama, sei nun die Akzeptanz der Dinge. Und wenn das Begehren nach Macht, Reichtum und Lust erloschen ist, so tritt an dessen Stelle ein Zustand völliger Ruhe und Gelassenheit (Nirwana).

Nun warum ich mich bei diesem Essay nun einer sogenannten Religion bediene ist Folgender: Der Buddhismus ist streng genommen eine Theorie, eine erfundene Ordnung, genauso wie die Ethik. Während Kant an die strenge Vorherrschaft der Vernunft bei uns Menschen glaubt, oder Wilhelm Schmidt fest von den drei Arten des Glücks überzeugt ist, so glaubt Guatama eben an die Reinkarnation. Alle drei sind bislang weder widerlegt noch bewiesen und deshalb sind sie alle Ideologien. Außerdem finde ich das die Ideologie des Buddhismus sehr passend zu dem vorliegenden Thema ist.
Wir alle Menschen streben nach Glück, es liegt in unserer Natur. Doch was ist, wenn gerade dieses dauerhafte Streben der Ursprung unseres Unglücks ist. Vielleicht sollten wir die Dinge mehr akzeptieren, mehr den Moment leben, anstatt schon wieder zu überlegen, wie der nächste Moment vielleicht am schönsten werden könnte. Ich denke das Unglück ist ein genauso großer Bestandteil wie das Glück selbst, um zufrieden, glücklich zu werden. Dazu kommt noch, dass Unglück uns produktiver, kreativer machen kann und oft gerade dann die schönen Dinge passieren, wenn man seine Komfortzone verlässt (vgl. Schmid).
Zudem bin ich fester Überzeugung, dass Glück kein Zustand, kein Endziel, sondern der Weg selbst ist. Durch die Akzeptanz der positiven und schlechten Erfahrungen (man könnte sogar sagen es gäbe keine schlechten Erfahrungen, da alle zum Glück beitragen), werden wir zufrieden und glücklich. Denn sind wir mal ehrlich, wir wollen doch nicht das ganze Leben zu einen Ziel hinarbeiten, unglücklich sein um dann am Ende zu sagen, ja jetzt bin ich glücklich, jetzt bin ich bereit zu streben. Nein, wir wollen unser ganzes Leben glücklich und zufrieden mit uns selbst, unserer Situation und ja unserem ganzen Leben sein.  Und dazu gehören nun mal auch die weniger schönen Dinge, die uns vermeidlich unglücklich machen.

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